ISBE-Forschungsprojekt
Die Römerzeit im oberen Murtal und seinen Nebentälern
Geophysikalische Prospektion Neumarkter Hochtal (©Helmut Vrabec/ISBE)
Das Institut für südostalpine Bronze- und Eisenzeitforschung ISBE hat im März 2021 mit geophysikalischen Prospektionen im Neumarkter Hochtal begonnen.
Im Rahmen des mehrjährigen Forschungsprojektes Die Römerzeit im oberen Murtal und seinen Nebentälern sollen unter der Leitung von Helmut Vrabec BA MA/ISBE zahlreiche auf Luftbildern/Orthofotos erkennbare künstliche Strukturen (sogenannte Bewuchsanomalien) primär mittels geophysikalischer Messungen untersucht werden. Diese Luftbilder wurden im Sommer 2013 vom Land Steiermark (Abt. 17 Referat Statistik und Geoinformation) aufgenommen. Die Forschungen werden dankenswerterweise vom Bundesdenkmalamt gefördert und in Kooperation mit dem Historischen Arbeitskreis Neumarkt HISTAK durchgeführt.
Bei einem Großteil der sehr deutlich erkennbaren Strukturen in der Region des oberen Murtals und seinen Nebentälern darf eine Datierung in die römische Kaiserzeit vermutet werden. Mit der Bestätigung dieser Annahme durch die geplanten Untersuchungen wird sich das archäologische Bild dieser bisher in Bezug auf die provinzialrömische Archäologie stark unterrepräsentierten Region deutlich verändern.
In einer ersten Phase (15.-19. März 2021) wurden sieben signifikante Fundverdachtsflächen im Neumarkter Hochtal mittels Bodenmagnetikmessungen (Ausführung: Mag. Dr. Volker Lindinger/ ARDIG Archäologischer Dienst GesmbH) untersucht. Nach einer Erstbeurteilung zeichneten sich hierbei großartige und zum Teil unerwartete Ergebnisse ab:
In Vockenberg wurden beispielsweise Mauerstrukturen eines großflächigen römischen Siedlungsareals nachgewiesen. Die Gebäudereste dürften den gesamten Bereich der im Gelände erkennbaren Erhöhung einnehmen und konnten wegen ihrer weit voneinander entfernten Lage bislang noch nicht vollständig erfasst werden.
Auch im Bereich von Mariahof konnten die auf den Luftbildern sichtbaren archäologischen Befunde verifiziert werden. Es handelt sich hierbei ebenfalls um eine großräumige römerzeitliche Siedlungsstelle mit dazugehörigen Grabbezirken.
Nicht weit davon entfernt, im Ortsgebiet des heutigen Adendorf deuten die Messungen von nicht eindeutig interpretierbaren Trockenmarken einen weiteren großen Gebäudekomplex an.
Im Ortsgebiet von Lessach im Raum St. Blasen sowie bei Wildbad Einöd bestätigten und ergänzten die Messungen gleichfalls die Zuordnung der auf dem Orthofoto erkennbaren Bewuchsmerkmale.
Außerdem wurden zwei weitere Verdachtsflächen mit Überresten abgekommener Bauten in Kalsdorf und Tauchendorf untersucht, die an einer Wegverbindung in das Görtschitztal liegen. Eine chronologische Zuordnung in die Römerzeit bleibt jedoch vor einer eingehenderen Auswertung der Messergebnisse offen.
Insgesamt kann festgehalten werden, dass durch die Untersuchungen an jeder der prospektierten Stellen die durch die Bewuchsmerkmale vermuteten Gebäudereste nicht nur erfolgreich verifiziert, sondern auch das Wissen über die äußere und innere Struktur der Anlagen erheblich erweitert wurden. Damit bilden sie eine fundierte Grundlage für die im Rahmen des Forschungsprojektes Die Römerzeit im oberen Murtal und seinen Nebentälern geplanten weiteren archäologischen Maßnahmen zur Untersuchung der römerzeitlichen Besiedelung der Region.
Literatur:
Helmut Vrabec, Geophysikalische Prospektion im Neumarkter Hochtal – Ein Vorbericht, Forum Archaeologiae – Zeitschrift für klassische Archäologie 99/VI/2021